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Matthias Bein/Handwerkskammer Magdeburg

Ein Gespräch"Ich möchte nah an den Betrieben sein"

Seit dem 10. Oktober ist Andreas Dieckmann aus Elbingerode neuer Präsident der Handwerkskammer Magdeburg. Wo kommt er her, was treibt ihn an, was hat er vor?

Andreas Dieckmann ist Handwerksmeister in vierter Generation. 1893 gründete sein Urgroßvater, Sattlermeister Hermann Dieckmann, in Elbingerode eine Sattlerei samt Möbelhandel. 1934 folgte dessen Sohn, der auch Hermann hieß und auch Sattlermeister war. In Person von Tapezierermeister Hermann Dieckmann übernahm 1951 die dritte Generation die Verantwortung für das Unternehmen, das mittlerweile auch Wandbekleidung, Bodenbeläge sowie Vorhänge im Portfolio hatte. Seit 1998 führen die Geschwister Ute Werl und Andreas Dieckmann, beide Raumausstattermeister, die "Raumausstatter Dieckmann GmbH" mit aktuell 15 Mitarbeitern. Ihren Kunden bieten sie das Vollsortiment, vom Boden über die Wand bis zur Decke, von Akustik über Sonnenschutz bis zur Polsterei.

"Ohne meine Schwester sowie meinen Schwager und meine Frau, die auch im Unternehmen mitarbeiten, würde das nicht funktionieren. Ich kann auf meine Familie zählen und weiß, dass meine Mitarbeiter eigenverantwortlich und verlässlich arbeiten. Nur so ist es möglich, meiner neuen Position als Präsident und als Geschäftsführer meines Betriebes gleichermaßen gerecht zu werden", sagt Andreas Dieckmann.

Ehrenamt als Selbstverständlichkeit

Auch die ehrenamtliche Tätigkeit im Handwerk hat in seiner Familie Tradition. Der Vater war Obermeister, Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses und Mitglied des Meisterprüfungsausschusses. Andreas Dieckmann selbst war 20 Jahre lang Obermeister in Wernigerode, ist seit 2007 im Vorstand der Kreishandwerkerschaft Wernigerode, seit 2012 Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer Magdeburg, seit 2013 dort im Vorstand. "Ein Ehrenamt im Handwerk war immer selbstverständlich für mich", sagt er.

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Matthias Bein/Handwerkskammer Magdeburg


"Ich wünsche mir eine Exzellenzinitiative für die berufsbildenden Schulen, die von Bund und Ländern getragen wird – so etwas darf es nicht nur für Hochschulen geben."



Was hat er vor als Präsident? "Ich möchte nah an den Handwerksbetrieben sein und viel mit ihnen kommunizieren. Regelmäßig biete ich eine offene Sprechstunde für Handwerkerinnen und Handwerker an, um den persönlichen Austausch zu ermöglichen. Kommunikation und gute Vernetzung sind mir besonders wichtig", so Dieckmann. Handwerkspolitisch möchte er die berufliche Bildung stärker in den Fokus rücken: "Die Ausstattung der Berufsschulen muss besser und ihre Digitalisierung vorangetrieben werden. Die Berufsschullehrer müssen wir von den digitalen Methoden überzeugen. Und ich wünsche mir eine Exzellenzinitiative für die berufsbildenden Schulen, die von Bund und Ländern getragen wird – so etwas darf es nicht nur für Hochschulen geben."

Meister und Master

Die Hochschullandschaft ist ihm vertraut, denn auf den Meistertitel hat er einen Master-Abschluss in Architektur draufgesattelt. "Ich wollte mich weiterbilden und bin mit 32 in die Uni eingefahren",
berichtet er schmunzelnd von den Herausforderungen einer für ihn bis dato fremden Welt. Nach dem Bachelor kämpfte er sich zum Master durch. "Halbe Sachen waren nie mein Ding", sagt Dieckmann, der als Freier Architekt auch ein Planungsbüro leitet.


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Junge Menschen mit Lernbeeinträchtigungen sollten mit gezielten prüfungsvorbereitenden Kursen unterstützt werden."

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Matthias Bein/Handwerkskammer Magdeburg



Als "Doppel-Unternehmer" liegt ihm das Unternehmertum sehr am Herzen. "Ich möchte Gründungsinitiativen für Betriebsübernahmen vorantreiben. Voraussetzung dafür ist eine umfassende Entbürokratisierung, zum Beispiel muss das Vergabegesetz dringend vereinfacht werden. Insgesamt müssen wir mehr Druck auf die Bundes- und Landesregierung ausüben. Alle Wirtschaftskammern müssen hier gemeinsam vorangehen und mit einer Stimme spresprechen. Von der Politik fordere ich Verlässlichkeit, Planbarkeit und vor allem Verständlichkeit in Hinblick auf ihre Entscheidungen", sagt Andreas Dieckmann.

Auch für das Fachkräfteproblem hat er Lösungsvorschläge: "Ich werde mich dafür einsetzen, dass bei der Berufsorientierung an den Gymnasien in Sachsen-Anhalt Handwerksberufe eine größere Rolle spielen. Für eine gezielte Fachkräfte-Zuwanderung müssen wir unsere Willkommenskultur stärken und ausbauen. Junge Menschen mit Lernbeeinträchtigungen sollten mit gezielten prüfungsvorbereitenden Kursen unterstützt werden. Außerdem gilt es, die Ausbildungsqualität in Handwerksbetrieben zu steigern, unter anderem mit innovativen Ideen zur Azubibindung und Azubisuche." 

Anja Gildemeister